20.05.2020

Corona-FAQ: Das Problem mit dem Elternbeitragsersatz

Was ist der geplante bayerische "Elternbeitragsersatz" und welche Probleme bringt er mit sich? Wir beantworten häufige Fragen rund um die aktuelle Beitragssituation in unseren Kindertagesstätten.

Was ist der „Elternbeitragsersatz“?

Nachdem das Sozialministerium zuvor jede Beteiligung an den Elternbeiträgen während der Corona-Krise abgelehnt hatte, erklärte MP Dr. Söder Mitte April bei einer Regierungserklärung im Landtag, der Freistaat werde nun doch die Eltern hierbei entlasten. Daraufhin wurde vom Sozialministerium eilig ein Modell erarbeitet und in einer Telefonkonferenz den Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege (Diakonie, Caritas, Rotes Kreuz, AWO, Paritätischer) vorgestellt. Dabei handelte es sich um Pauschalzahlungen pro Kind (100 Euro für Hort, 150 Euro für Kindergarten und 300 Euro für Krippe, letzteres gegenfinanziert durch den Entfall des Bayerischen Krippengeldes).

Die Verbände haben in dieser Konferenz auf die zu geringe Höhe dieser Pauschalen hingewiesen und vor den Folgen gewarnt, dies wurde vom Ministerium aber ignoriert. Diese Pauschalen wurden dann etwas missverständlich als „Elternbeitragsersatz“ bezeichnet, der eine Erhebung von Elternbeiträge unnötig machen würde. Seither geistern als Missverständnisse durch den Raum, es gäbe keine Elternbeitragspflicht mehr, den Trägern sei die Erhebung von Beiträgen verboten worden oder der Freistaat erstatte die Elternbeiträge. All dies ist falsch, und dass das Sozialministerium mit seiner Kommunikationsweise an diesen Fehlwahrnehmungen mitwirkt, macht es nicht besser.

Was ist das Problem mit dem „Elternbeitragsersatz“?

Er ersetzt die Elternbeiträge nicht durch einen Ausgleich in derselben Höhe, sondern durch einen niedrigeren Betrag. Grob gesagt, werden 100 Euro durch 60 Euro ersetzt. Dadurch entstehen uns so erhebliche Mindereinnahmen, dass sie zu einem finanziellen Problem führen.

Wie groß sind diese Mindereinnahmen?

Durchschnittlich beträgt die monatliche Mindereinnahme pro Krippenplatz ca. 120 Euro, pro Kindergartenplatz ca. 70 Euro und pro Hortplatz ca. 90 Euro. Die genaue Höhe ist von Kita zu Kita und von Kind zu Kind unterschiedlich und hängt z.B. von der bisherigen Buchungsdauer ab. Insgesamt kann sich das bei unserem Träger auf fast 100.000 € monatlich aufsummieren.

Wird die Humanistische Vereinigung die Eltern denn von der Beitragszahlung freistellen?

Das können wir bisher noch nicht beantworten. Wir würden es gerne tun, es hängt aber von den konkreten Regelungen ab. Diese liegen nicht vor. Deshalb ist derzeit keine Entscheidung darüber möglich.

Ist denn schon Geld geflossen?

Nein, bisher hat es keinerlei Zahlung aus einem „Elternbeitragsersatz“ gegeben. Sie wurden für frühestens Juli angekündigt. Im Gegenteil, die Kommunen fordern bereits ihre Zahlungen aus der wirtschaftlichen Jugendhilfe von uns zurück. Doch dies entbehrt der Rechtsgrundlage.

Wie ist der „Beitragsersatz“ geregelt?

Bisher gar nicht. Denn es gibt noch immer keine amtliche Regelung. Das Nürnberger Jugendamt erklärte dazu am 13. Mai: „Auch wir kennen nur die Aussagen aus Pressekonferenzen und die wenigen Details auf der Homepage des StMAS. Bis uns allen ein weiterer Newsletter oder ein AMS vorliegt, sind die alles nur Ankündigungen ohne Rechtsverbindlichkeit.“ Das heißt, die tatsächliche Höhe des Zuschusses, die Beantragungsweise, der berechtigte Personenkreis, die Abrechnung usw. sind unbekannt.

Gerüchteweise wurde uns aus dem Sozialministerium zugetragen, dass eine amtliche Regelung noch mehrere Wochen auf sich warten lassen und eine Auszahlung wohl erst im Juli möglich sein wird. Bis dahin können wir als Träger aber keinesfalls auf die Einnahmen aus den Elternbeiträgen verzichten, denn dann geht uns schlicht das Geld aus um Gehälter, Mieten etc. zu bezahlen.

Was ist mit der Elternbeitragspflicht in der Notbetreuung?

Auch hier gibt es bisher keine amtliche Regelung. Es scheint aber wohl so zu kommen, dass für Kinder, die auch nur einen Tag die Einrichtung in der Notbetreuung besuchen bzw. besucht haben, kein „Elternbeitragsersatz“ für diesen Monat geleistet wird, sondern der Freistaat von der Beitragspflicht für diesen Monat ausgeht.

Unklar ist bisher auch, ob dies für diejenigen gilt, die tatsächlich an der Notbetreuung teilgenommen haben oder auch für diejenigen, die dazu berechtigt waren. Denn für diese war ja trägerseits eine Betreuungsmöglichkeit gegeben und vorgehalten worden. Der bayerische Städtetag fasste dies am 11. Mai so zusammen: „Eltern von Kindern, die in Notbetreuung tatsächlich betreut werden, müssen weiter Elternbeiträge leisten. Ein Beitragsersatz durch den Freistaat erfolgt hier nicht. Dies gilt nach bisherigem Kenntnisstand unabhängig davon, in welchem Umfang Notbetreuung in Anspruch genommen wird.“

Warum hat die HV nicht früher Kurzarbeit gemacht, um die Eltern bei den Beiträgen zu entlasten?

Bis Mitte April war die einhellige Aussage aus allen amtlichen Kreisen, dass diese Maßnahme aus förderrechtlichen Gründen hochproblematisch sei und zudem unnötig. Erst Mitte April hat sich diese Einschätzung geändert. Sobald dies erfolgte, haben wir die nötigen Voraussetzungen geschaffen, und seit 1. Mai führen wir Kurzarbeit in den meisten Kitas und in den Geschäftsstellen durch. Die dadurch möglichen Einsparungen sind allerdings begrenzt, denn die zunehmende Notbetreuung hat einen wieder stark steigenden Personalbedarf zur Folge.

Sind alle Einrichtungen der HV davon betroffen?

Nein, nur die Kitas, die in den Städten sind, die keine nennenswerten freiwilligen Leistungen zur Regelfinanzierung der Kinderbetreuung aufbringen. Deshalb gibt es in unseren Kitas in München und in Puschendorf (Fürth-Land) keine solche Probleme, denn dort leistet die jeweilige Kommune schon immer eine freiwillige Unterstützung, die niedrigere Elternbeiträge ermöglicht.

Warum sind die Elternbeiträge bei der HV höher als bei anderen Trägern?

Das liegt an mehreren Gründen. Wir haben einen besseren Personalschlüssel, als es das Gesetz vorschreibt, investieren in Fortbildung und Qualität, und wir zahlen faire, tarifvertraglich geregelte Gehälter.

Außerdem verfügen wir nicht über Grundstücke aus althergebrachtem Besitz oder Zusatzeinnahmen aus anderen Tätigkeiten, aus Vermögen oder z.B. aus Kirchensteuern. Für unsere Kitas haben wir Räume in der Regel entweder von Dritten angemietet oder haben sie selbst als Bauherr neu errichtet, inklusive des Erwerbs der Grundstücke. Mietzahlungen und Darlehenskosten machen daher einen erheblichen Anteil unserer Betriebskosten aus.

Ein Beispiel: Im Haus für Kinder „Anna Steuerwald Landmann“ in der Nürnberger Gartenstadt bezahlen wir allein für die Pacht des Grundstückes an die Stadt Nürnberg 14.000 € im Jahr, schon das sind monatlich rund 12 € pro Platz. Hinzu kommen die Kosten für die Finanzierung des neugebauten Gebäudes. Grob geschätzt kann man sagen, dass die gesetzliche Förderung knapp die Lohnkosten des pädagogischen Personals abdeckt, alle weiteren Betriebskosten – Gebäude, Hauswirtschaft, Hausmeister, Reinigung, Strom, Wasser, Heizung, Reparaturen, Versicherungen, Verwaltung… - aber aus Elternbeiträgen erwirtschaftet werden müssen. Das Sozialministerium spricht davon, dass es davon ausgeht, dass rund 60% der Betriebskosten einer Kita aus der öffentlichen Förderung aufgebracht werden können und rund 40% durch Elternbeiträge abgedeckt werden müssen.

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